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#1

Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 10.01.2010 19:58
von Tillmania | 7.403 Beiträge

ich habe da etwas im netz gefunden, was ich euch nicht vorenthalten möchte!
eine liebeserklärung von einer mutter an ihren sohn, wie sie besser nicht sein könnte!
ich bin gerührt!
und wir erfahren etwas über den meisterrr, was in keinem interview oder sonstwo steht.

Mein Sohn, der Frontmann von RAMMSTEIN
10.12.2008

Eine Liebeserklärung – von Gitta Lindemann

Mein erstes Konzert mit Rammstein. Ich saß zwischen dunkel gekleideten Menschen, die ich mir anders gedacht hatte. Sie waren unaufgeregt und redeten über Studienaufträge, sie vertrieben sich die Zeit mit erstaunlich klugen Gesprächen. Der Beginn des Konzertes verzögerte sich um eine halbe Stunde. Soviel Zeit brauchten die Jungs, um zu überlegen, ob Anstößiges im Programm ist, was der Mutter missfallen könnte. Ich war heimlich gekommen, er hatte es damals nicht gewollt. Aber er hatte mich entdeckt. Später, in größeren Sälen und Stadien, war ich selbstverständlicher Gast. Ob damals in einem kleinen Saal oder jetzt in gewaltigen Arenen – das Erlebnis bleibt gleich. Ich stehe zwischen den anderen und die Musik hastet auf mich zu, dröhnt und wirft sich auf, stößt sich an Wänden, stürzt in den Himmel, fällt zurück und setzt sich auf die Brust, der Atem wird flacher. Ich bin eingekeilt in Musik und starr. Vor Bewunderung. Der Dompteur auf der Bühne ist mein Sohn.

Er dirigiert die Massen mit einer Handbewegung, er schlägt sich die Stirn wund und er brennt und er jagt seine rollende Stimme durch Raum und Zeit. Was für eine Verantwortung. Für all diese Menschen, die ihm begeistert zujubeln und ihm folgen würden, wohin er sie auch führen würde.
Da hab ich Angst um ihn. Was tut er sich an, welche Überwindung muss es ihn kosten, sich so auszuliefern. Abend für Abend, Land um Land, Kontinent um Kontinent.

Aber er ist entspannt, wenn ich vor dem Auftritt backstage bin und er sich um mich kümmert, als wären wir zu Hause.

Zu Hause, das ist Mecklenburg. Seine Heimat, seine Wurzeln, sein Kraftquell.
Schon als Junge – in den Ferien – jagte er durch die Landschaft, stand in der Frühe auf und ging mit den Melkern aufs Feld zu den Kühen. Schlief im Freien unter dem weiten Himmel, hörte die Äpfel fallen oder die Enten in den Teich switschen. Im Herbst durchkämmte er die Wälder nach Pilzen, im Winter lange Spaziergänge durch hohen Schnee, mit der Katze in der Jacke, weil die nicht mehr springen mochte von Schneehügel zu Schneehügel.

Und die Menschen. Erzähl mal von früher – das hat er zu seinem Vater gesagt und zu den Gästen im Dorfkrug. Wie haben sie hier gelebt vor seiner Zeit. Er sitzt – damals wie heute – mit den
Leuten aus dem Dorf zusammen und kann stundenlang zuhören, wie sie in ihrer breiten Mund­-
art und mit trockenem Humor Geschichten hervorquellen lassen.

Er ist beliebt, sie suchen seine Gesellschaft. Das hat nichts mit seinem Beruf zu tun. Sein Vater hat über ihn ein Buch geschrieben, darin berichtet er von seinem Erstaunen, dass seine Freunde ihm alles zutrauten. Einer will von ihm sein Moped repariert haben, der Vater fragt verwundert – meinst du, er kann das? Der Junge sagt: Till kann alles. Der Vater denkt ungläubig: Vor allem Unsinn. Er ist überrascht, dass die Karre in Kürze wieder läuft. „Er kann alles – wie viel Vertauen, wie viel Zutrauen“, schreibt sein Vater.
Vertrauen – das ist das Wort. Und trauen, er traut sich. Er geht auf Grenzen zu und überschreitet sie. Was könnte geschehen, wenn... diese Frage kennt er nicht. Er probiert, er testet sich aus. Seine Texte sind keine Frage des Mutes, sie sind in ihm. Denn: über sich redet er nicht, über seine Sehnsüchte, seinen Schmerz, das schreit er heraus in seinen Gedichten. Ein Freund hat geschrieben: „Es sind Wunden aus Verzweiflung und Hoffnung. Fluchtgedanken voller Einsamkeit aus einem Herz voller Mut und Sehnsucht geschossen.“

Als seine Großmutter starb, war er an ihrem Bett, hat sie gestreichelt, bis in den Tod. In einem Gedicht kann er den Schmerz so sehr anders verarbeiten, so, dass es wehtut beim Lesen. Wo nimmt er die Ideen her, hab ich mich und ihn gefragt. Sie sind einfach in ihm. Aber manchmal bleibt die Gnade der Einfälle auch aus. Dann ist es schlimm. Dann verschließt er sich, schließt sich weg, dann stehe auch ich im Regen. Immer aber gibt es die Familie, die inzwischen angewachsen ist. Und er ist jetzt der Familiensachverwalter, er achtet darauf, dass keiner ausschert.

Es gibt viele Gründe, zusammen zu sitzen. Da kommen seine Freunde und die Familie wird hinzu gebeten, da gibt es Weihnachten und Ostern und Geburtstage oder einfach nur einen schönen Abend, um gemeinsam unterm Sommer-Sternenhimmel zu sitzen und zu erzählen.

Oder er hat Lust zu kochen, das kann er vorzüglich, vor allem Wildgerichte und Fisch. Er probiert neue Gerichte aus und wenn es uns allen vorzüglich schmeckt, mäkelt er herum, da hätte aber noch...

Manchmal lädt er uns in sein großes Auto und wir fahren an die See oder gehen paddeln, immer die ganze Familie. In unseren Bötchen sitzen wir und lassen uns treiben durchs Wasser, über uns schattiges Gezweig. Dann sucht er einen Rastplatz auf einer Wiese und hievt alle an Land. Aus der Kühltasche holt er Bouletten und Brot und Gummitiere für die
Kinder und Wasser und Pro Secco, er selbst geht Angeln, während wir vespern. Abends gibt dann Fisch mit viel Knoblauch. Dann ist er ganz bei sich.

Dies ist eines seiner Leben, das andere auf der Bühne, sein „Job“, wie er sagt. Manchmal fallen sie zusammen. Wenn wir z.B. am Strand in Costa Rica sitzen und drei junge Männer kommen auf ihn zu und bitten um ein Autogramm. Das ist ihm peinlich. Aber artig und freundlich setzt er die Unterschrift.
Meine schönste
Erinnerung:

Er holt uns ab in San Rose und wir fahren über endlose Straßen und holprige, staubige Wege, trotzdem wird er immer schneller und schneller, ich sage, warte doch, ich will den Sonnenuntergang sehen; er aber gibt Gas und fährt und fährt, schließlich einen Berg hinauf und hält endlich an und wir sehen: Die Sonne überm Meer. Wie sie glutrot untergeht. Diesen Augenblick sollten wir von hier oben aus erleben!

Wir sind angekommen, und er kocht und summt dabei vor sich hin. Es wird dunkler und dunkler, über uns nur noch der Sternenhimmel und wir sind allein mit uns und unseren Gesprächen, die dauern bis spät in die Nacht. Wir haben herrliche Wochen, fahren durchs Land, schwimmen und schweben hoch überm Dschungel, halten uns fest an einem endlos scheinenden Seil. Tief unter uns das grüne Dickicht, über uns der Himmel und weit hinten das Meer und bei mir ein großes Angstgefühl im Magen. Beim Anlegen der Sicherheitsgurte wurden mir plötzlich meine über 65 Jahresherzschläge bewusst.

Ohne ihn hätte ich mir dieses Abenteuer nicht zugetraut. Er schafft Vertrauen. Ich erinnere mich, wie wir – da war er 14 oder 15 – bei einem Spaziergang über die Felder durch eine Bullenherde mussten. Ich hatte Angst, er wahrscheinlich auch, aber er ging auf die Tiere zu und rief mir zu, ich solle einfach hinter ihm bleiben.

Dann mussten wir über einen Bach, ich stellte mich schusselig an, er legte ein Brett drüber und half mir ans andere Ufer.

Bis vor kurzem hatten sich zu den Feiertagen fünf Generationen um seinen Tisch versammelt. Er holte seine Großmutter im Rollstuhl mit seinem Auto ab und fütterte sie und das Ur-Urenkelkind kroch auf ihren Schoß. Familienalltag. Sein Rückhalt.

Ebenso wie die Natur. Er geht unter dem weiten Himmel am See entlang und kennt die Tiere, die hier leben. Er beliest sich und erklärt uns dann erstaunliche Sachen. Er kennt die meisten Länder der Welt, und sie kennen ihn. Als ich in Moskau war, wollten mir viele junge Menschen die Hand drücken, weil ich ja die „Rammsteinmutter“ war und ein Mann in meinem Alter erklärte mir mit Begeisterung die Einzigartigkeit dieser Band. Auf den Videos von den Gastspielen in aller Herren Länder sieht man, wie andächtig und inbrünstig die Zuschauer die Texte auf Deutsch mitsingen. In Mexico City ist das nicht anders als in Tokio, Rio, Manchester oder in Budapest. Das alles erlebt er. Aber das ist nichts gegen einen mecklenburgischen Sonnenaufgang überm Moor, sagt er, wenn du siehst, wie die Rehe aus dem Gebüsch kommen und du in dieser großen Stille die unterschiedlichen Tiergeräusche wahrnehmen kannst. Dieser unvergleichliche Himmel, die Wolken und Modderklumpen an den Schuhen, diese Landschaft erdet ihn und macht ihn auch demütig.

Ich bin – wie so viele – gern mit ihm zusammen. Dass er berühmt ist, spielt keine Rolle. Nur manchmal fällt es mir mit leisem Erstaunen auf: was für ein Mensch.

Wenn ich nicht zufällig seine Mutter wäre, mit diesem Mann wäre ich gern befreundet.

Die Autorin, Gitta Lindemann, ist Journalistin und war von 1992 bis 2002 beim Norddeutschen Rundfunk in Schwerin als Kulturchefin von NDR 1 Radio MV tätig. Am
17. Dezember wird „Rammstein“
in der Rostocker HanseMesse gastieren.

(Quelle: new.php?thread=304&forum=15&reply=1&replyid=28458)


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zuletzt bearbeitet 10.01.2010 19:59 | nach oben springen

#2

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 12.01.2010 18:57
von Livia | 3.366 Beiträge

ich mag diesen Bericht da er auch die andere Seite von
Till zeigt


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Hinter jedem schwarzen Berg, funkelt es.
Man findet es und das Funkeln trägt den
Namen Hoffung. Die Jeder in sich trägt und die
man nie verliert!

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#3

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 12.01.2010 19:02
von Emigrate Lindemann | 8.646 Beiträge

demm kann ich nur zustimmen! das zeigt wirklich Liebe!


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#4

Das ist wirklich schön

in Alles rund um die Band 08.03.2010 20:10
von Guapa | 7 Beiträge

Erst mal vielen Dank für die netten Antworten und die Begrüßung im Interpretationsthread.

Vor wenigen Tagen bin ich auch auf den Artikel von Gitta Lindemann über ihren Sohn gestossen. Sie muss eine tolle Frau sein. Sie schreibt wunderbar ausdrucksstark. Ich war total gerührt.


"Es wird etwas vorgetragen und damit hat es sich"
Till Lindemann

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#5

RE: Das ist wirklich schön

in Alles rund um die Band 29.05.2010 22:48
von Jacqui aka Haifisch | 889 Beiträge

Mich hat dieser text zu Tränen gerührt..Ich bin einfach nur überwältigt


'Mitleid bekommt man geschenkt,Neid muss man sich erst verdienen**

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#6

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 21.08.2010 21:32
von janina35 | 6 Beiträge

DAS IST SO RÜHREND... DIESER LIEBEVOLLE TEXT IST DAS SCHÖNSTE GESCHENK EINER MUTTER ...! soviel LIEBE UND BEWUNDERUNG, ZUNEIGUNG, SCHÖNER KANN MAN ES NICHT SAGEN. GROßARTIG, GITTA !!! IHRE JANINA35

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#7

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 05.09.2010 13:03
von HerrHappy | 746 Beiträge

ich hab diesen bericht schon so oft gelesen und finde ihn immer noch so toll.
Wie er sich um seine familie kümmert ist einfach schön.
Wie er versucht seine mutter glücklich zu machen, besonders mit dem sonnen untergang, da kommen mir fast die tränen


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#8

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 05.09.2010 13:07
von Emigrate Lindemann | 8.646 Beiträge

ja da geht es mir genauso und kann ich nur zustimmen! sowas rührt einem echt das herz! das ist echte mutterliebe!


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#9

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 18.11.2010 15:50
von Punkie | 6 Beiträge

dieser Text ist zu Herz zerreissend!!! ich habe ihn schon sehr sehr oft gelesen! da merkt man wirklich die Gefühlsbande in der Familie. Ich finde es so rührend wie sie es beschrieben hat mit seiner Oma etc.....

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#10

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 07.12.2010 22:52
von MistressRosewhite (gelöscht)
avatar

Mich hat der Text damals auch sehr berührt. Sie hat einen wunderbaren Schreibstil, eine hinreißende Art, Gefühle in Worte zu fassen. Das Talent liegt in der Familie

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#11

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 08.12.2010 11:42
von Tillmania | 7.403 Beiträge

der vater ein schriftsteller, die mutter hat auch diese wunderbare gabe, da wissen wir ja wo es till her hatt!


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#12

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 08.12.2010 18:41
von MistressRosewhite (gelöscht)
avatar

Tillmania: Du sagst es ...Werner Lindemann hatte auch eine tolle Art zu Schreiben!! Im Allgemeinen, muss ich ehrlich sagen, dass mir Schriftsteller, die aus der DDR stamm(t)en, bzgl. des Schreibstils am meisten zusagen

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#13

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 09.12.2010 10:45
von Tillmania | 7.403 Beiträge

ich stamme ja (eigentlich) auch aus dem osten und werner lindemann war mir schon ein begriff
noch bevor ich wusste das er der vater von till ist. ich kannte schon einige bücher von ihm...
das liegt wohl wirklich in der familie!

was mir auch an dem artikel gefällt, das man einige seiten von till erfährt die man so nicht kennt - wider allen gerüchten!


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#14

RE: Mein Sohn, der Frontmann von Rammstein - Gitta Lindemann

in Alles rund um die Band 11.12.2010 17:41
von HerrHappy | 746 Beiträge

achja der Mutti Text


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